Humanistischer Unterricht und das bayerische Kultusministerium – eine lange Geschichte
30.04.2004 HVD Bayern (heute: Humanistische Vereinigung) beantragt die Genehmigung einer privaten Humanistischen Grundschule als Ersatzschule mit besonderem pädagogischen Interesse, hilfsweise als Weltanschauungsschule.
21.12.2004 Regierung von Mittelfranken lehnt den Antrag ab. Die Ablehnung wird unter anderem damit begründet, dass der HVD Bayern als humanistische Weltanschauungsgemeinschaft schon allein deshalb kein geeigneter Schulträger sein könne, weil er das oberste Bildungsziel der Ehrfurcht vor Gott nicht glaubhalft vermitteln könne. Außerdem sei gemäß der bayerischen Verfassung „der Atheismus aus der bayerischen Volksschule fernzuhalten“.
18.12.2005 HVD Bayern reicht beim Verwaltungsgericht Ansbach Klage gegen die Ablehnung des Genehmigungsantrages ein.
08.02.2007 Verwaltungsgericht Ansbach weist die Klage ab.
22.05.2007 HVD Bayern legt Rechtsmittel beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein.
03.04.2008 Bayerischer Verwaltungsgerichtshof gibt der Berufungsklage des HVD Bayern statt und verpflichtet die Regierung zur (positiven) Neubescheidung.
21.05.2008 Freistaat Bayern legt Rechtsmittel beim Bundesverwaltungsgerichtshof ein.
06.08.2008 Regierung von Mittelfranken genehmigt die Humanistische Grundschule als Weltanschauungsschule (humanistische Bekenntnisschule).
16.09.2008 Humanistische Grundschule Fürth wird eröffnet. Humanistische Lebenskunde wird als wertebildendes Fach unterrichtet.
28.10.2008 Bundesverwaltungsgericht stellt das Verfahren ein.
30.03.2010 Kultusministerium bestätigt, dass es sich bei HLK an der Humanistischen Grundschule Fürth um einen Weltanschauungsunterricht handelt, der als ordentliches Lehrfach an die Stelle des Religionsunterrichts tritt.
24.06.2016 HVD Bayern beantragt beim Kultusministerium die Einführung des Faches Humanistische Lebenskunde / Humanistischer Unterricht (HLK/HU) an den Fachakademien für Sozialpädagogik (FAkS) und legt die Anmeldungen von Studierenden vor. Außerdem wird dem Kultusministerium ein möglicher Lehrplan vorgelegt.
08.07.2016 Ablehnung des Antrags, weil es keinen konfessionellen Religionsunterricht an den FAkS gebe, nur die Fächer „Theologie/Religionspädagogik“ und „Ethik/Ethische Erziehung“ für Studierende, die keiner Konfession angehören. Dabei handle sich um berufsbezogene Fächer, keinen Religionsunterricht. Es folgt ein kurzer Schriftwechsel.
31.01.2017 Schreiben an das Kultusministerium mit der Aufforderung, die ablehnende Haltung zu überdenken, um eine Klage zu vermeiden. Sowohl der Lehrplan wie auch die Schulordnung der Fachakademien teilen diese Fächer „nach Konfession“ auf. Es gibt somit evangelische und katholische Varianten für die jeweiligen Bekenntnisangehörigen sowie das Fach Ethik für diejenigen Studierenden, „die am Unterricht im Fach Theologie/Religionspädagogik nicht teilnehmen, weil sie keiner Konfession angehören“ (§ 8 FakOSozPäd). Inhaltlich handelt es sich eindeutig um eine Form von Religionsunterricht. Für das Fach „Evangelische Theologie“ wird im Lehrplan z. B. „Die Suche/Frage nach dem eigenen Glauben als lebenslange Aufgabe“ vorgegeben, im katholischen Fach werden „Orientierungspunkte aus dem Glauben für Gewissensentscheidungen bei Wertkonflikten“ erlernt. Selbst im Fach „Ethik“ wird z. B. vorgegeben, den „Umgang mit der (…) religiösen Dimension in der Berufsrolle als Erzieher/Erzieherin“ sowie die „Bedeutung der Religiosität für Resilienz“ zu erlernen. Weitere, ähnliche Beispiele finden sich im Lehrplan zuhauf.
16.02.2017 Kultusministerium bestätigt endgültig seine Ablehnung.
15.09.2017 HVD Bayern reicht Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach gegen die Ablehnung von HLK/HU an FAkS ein. Bisher keine Terminierung einer Verhandlung.
07.02.2018 Schreiben an das Kultusministerium mit der Beantragung, HLK als ordentliches Schulfach an den bayerischen Schulen einzurichten.
11.04.2018 Erinnerungsschreiben an das Kultusministerium mit der Bitte um Beantwortung.
18.04.2018 Antwort des Kultusministeriums mit dem Vorschlag zu einem persönlichen Gespräch zur Erörterung der Sache.
05.08.2018 Gespräch im Kultusministerium zu HLK/HU an öffentlichen Schulen. Die ablehnende Haltung des Kultusministeriums wird verdeutlicht. HVD Bayern bittet um rechtsmittelfähige Bescheidung.
11.12.18 Ablehnungsbescheid des Kultusministeriums. Die weltanschauliche Neutralität des bayerischen Staates bzw. seiner Schulen verbiete einen weltanschaulichen Unterricht, denn diese Neutralität gelte nur für Religionen nicht. Außerdem nehme das Grundgesetz „Weltanschauungsgemeinschaften als Einflussfaktor im Bereich der öffentlichen Schulen willentlich aus“. Nur Religionen bzw. Religionsgemeinschaften komme die „aktive Integration“ in den Unterricht an staatlichen Schulen zu.